Multimar Wattforum Tönning


Im Rahmen eines Kurzurlaubs in Husum an der Nordsee, besuchten wir am 13. Mai 2012 das Informationszentrum für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, das Multimar Wattforum in Tönning. Von Husum aus ist Tönning stündlich innerhalb von ca. 20 Minuten mit dem Zug erreichbar.

In Tönning angekommen, folgt man zunächst der Straße nach Nordwesten in Richtung Zentrum, vorbei am Biohotel Miramar. Anschließend geht es weiter Richtung Nordost entlang der Westerstraße bis zu einem Park (Schlossgarten), den man durchqueren muss. Man wechselt die Straßenseite. An der Straße Am Hafen geht es zunächst in Richtung Südosten weiter, bis diese einen Bogen nach Nordosten einschlägt. Man folgt dem Straßenverlauf bis zum Ende. Der Fußweg führt nun direkt bis vor einen horizontal aufgestellten Reliefplan, welcher einen Überblick über das Weltnaturerbe Wattenmeer gibt.
Anschließend wendet man sich nach rechts, passiert eine Brücke und steht gleich darauf vor dem roten Eingang zum Multimar.
Nach dem Passieren von zwei Türen befindet sich rechts der Informationsstand mit Kasse.

Am Informationsstand leihen wir uns zunächst einen Hörstift aus, einen stiftartigen, robusten Audioguide ohne Kabel und Umhängeband. Dafür müssen wir 10 Euro Pfand hinterlegen.
Dann bitten wir noch darum, uns den Reliefordner ausleihen zu dürfen.
Auf einer Bank unweit des Infoschalters ertasten wir die farbig gestalteten reliefartigen Abbildungen einiger Nordseebewohner und lesen die zugehörigen Texte in Punkt- und kontrastreicher Großschrift.
Unsere Jacken verstauen wir in einem Schließfach.
Der Hörstift, welcher nur für die Walausstellung benötigt wird, findet bis dahin Platz in der Netzaußentasche des Rucksacks. Der Blindenführhund scheint willkommen zu sein.

Die Ausstellung beginnt vielversprechend mit riesigen Tastmodellen von Sandklaffmuschel, Amerikanischer Schwertmuschel und Wattwurm.
Die Texte sind in Großdruck und in Augenhöhe angebracht. In der Nähe steht ein großes, ca. 1,30 Meter hohes Meerwasserbecken, welches unabgedeckt ist.
Hier leben Nordseebewohner wie Schollen. Es folgen Aquarien, welche alle in der linken oberen Ecke blaue Schilder mit weißer Pyramidenschrift und Punktschrift besitzen.
Dort kann man den Inhalt der Glaskästen erfahren, wie z. B. Muschelbank, Seegraswiese, Sandgrund, Felswand, Hafenbecken, Geröllgrund.
Zum Begreifen gibt es hier leider nichts.
Insgesamt werden in 36 Aquarien 280 Arten gezeigt, welche im Wattenmeer beheimatet sind. Die Hörstation „Satt im Watt“ ist ebenfalls entsprechend beschildert und wird über einen Trackball bedient.
Es gibt zahlreiche interaktive Stationen, welche aber für blinde und hochgradig sehbehinderte Besucher nicht so gut zu erschließen sind. So kann man zwar an einem Fitnessgerät testen, wie schnell man treten kann, ohne allerdings akustisch zu erfahren, ob das nun die Geschwindigkeit eines jagenden Seehunds oder einer fliehenden Gans war.

In einem Aquarium kann man die bedrohten Seepferdchen bewundern und in Großschrift erfahren, dass diese eigentlich seit 2004 durch das Washingtoner Artenschutzabkommen geschützt und dennoch vom Aussterben bedroht sind. Als Beispiel für Meeresfrüchte kann man einen klebrigen Haufen lebendiger Miesmuscheln betasten.
Richtig toll ist die Station „von Augenblick und Generation“.
Hierbei handelt es sich um eine Hörstation mit Hörer. Die Hörstation ist an einer Wand angebracht und sieht aus wie ein riesiges Memory.
Links folgen mehrere Schalter von oben nach unten, welche auch in Braille beschriftet sind. Hier sind Seehund, Ringelgans, Seeregenpfeifer, Scholle, Kieselalge, Plankton, Seegras und Gezeitenmücke aufgeführt. Außerdem gibt es eine Zeiteinteilung, welche von links nach rechts aufgebaut ist. Diese beinhaltet Minute, Stunde, Tag, Jahr, Monat und Jahrzehnt, was alles auch in Braille zu lesen ist.
Man kann so jeweils eine Kombination aus Zeit und Art wählen und erhält sowohl akustische als auch visuelle Informationen.

Anschließend lockte uns ein Riesenaquarium eine Treppe hinunter. In diesem mehrere Meter hohen Aquarium leben unter anderem Störe.
Leider sind die zugehörigen Informationen auf dem Monitor für uns nicht zu entziffern und auch nicht akustisch abrufbar.

Weiterhin gibt es im Multimar zahlreiche Simmulationsgeräte, welche aber nicht für blinde geeignet sind.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace bot interessante Diavorträge zu aktuellen Themen wie der Bedrohung von Korallenriffen und Überfischung an.
Wir folgen einigen Stufen nach unten. Rechts befindet sich ein kleiner Kinosaal. Wir wenden uns nach links und betreten die Walausstellung.

Die in dunkelblau gehaltene und daher ziemlich düster wirkende Walausstellung ist für uns das Highlight.
Wir passieren ein Schweinswalmodell und stehen linkerhand vor einem taktilen Übersichtsplan dieser Ausstellung mit Legende in Braille- und Großschrift.
Er wurde von Jochen Brodersen, drei-D Formenbau, erschaffen.
An der rechten Wand befindet sich mittig über diesem Reliefplan der erste Infopunkt für den Hörstift.

Wir schalten den Hörstift ein und vernehmen einen Quittierungston. Wir setzen ihn mit der Spitze voraus in die Öffnung und der Hörstift gleitet ein kleines stück hinein. Ein Quittierungston verrät uns sofort, dass er das Label erkannt hat.
Wir halten den Hörstift näher ans Ohr und lauschen einer sehr gut verständlichen Frauenstimme, welche uns in die Nutzung des Audioguides einweist.
Außerdem erfahren wir, wo die Infopunkte für den Hörstift zu finden sin. In der Regel befinden sich diese an den Wänden in Höhe eines Lichtschalters.
Bei Exponaten findet sich der Infopunkt immer an der rechten unteren Ecke.

Direkt auf dem Reliefplan befindet sich ein weiterer Infopunkt, über den wir nun Hinweise zur Orientierung mittels einer genauen Raumbeschreibung erhalten.
Solche Orientierungshinweise werden immer von einer sehr gut verständlichen männlichen Stimme gesprochen, alle anderen Informationen von der Weiblichen.

Das erste Thema ist die Wanderung der Wale.
Wir halten uns so gut wie möglich an der rechten Wand. Bald darauf stoßen wir auf einen großen, hell leuchtenden Globus, wo die Wanderrouten der Wale, leider nur graphisch, dargestellt sind – Vorsicht, auf die Nase achten!

Nun folgen rechts 10 unterschiedlich große Themenkammern, welche mit einem schweren Vorhang vom restlichen Raum getrennt sind.
Jede Kammer behandelt ein anderes, spannendes Thema zu Walen. Vor dem Zugang einer jeden Kammer sind, immer in der gleichen Höhe, Infopunkte für den Hörstift vorhanden, welche über das jeweilige Thema informieren, über davor befindliche Tastmodelle aufklären und eine genaue Raumbeschreibung geben.

Wir betreten sofort, nachdem der Hörstift das Thema genannt und die Außenmodelle beschrieben hat, die Kammer, um die Raumbeschreibung gleichzeitig hören und nachvollziehen zu können. In der ersten Kammer kann man verschiedene Walarten mittels Tastmodellen erfühlen.
Gleich gegenüber des Eingangs steht ein aufrechtes Modell eines Schweinswals in Originalgröße.
Rechts befinden sich, ca. in 1,80 Metern Höhe, kleinere Modelle von Schwertwal, Pott- und Buckelwal.
Hörbar gemacht wurden jeweils die meisten Texte, aber keine Grafiken auf Landkarten und Übersichtsplänen, die z. B. Schutzgebiete für Schweinswale und Wanderrouten der großen Wale zeigen.
Die Infopunkte befinden sich immer in der selben Höhe, so dass sie beim entlang gleiten der Hand an der Wand relativ leicht aufzufinden sind.
Auch in den anderen Kammern findet man hier und da Tastmodelle, wie z. B. von einem Kraken, einer Tiefseequelle und von riesigen Harpunen.
Mit denen werden auch noch heutzutage jedes Jahr mehr als tausend, eigentlich streng geschützte Wale abgeschlachtet, zu rein wissenschaftlichen Zwecken, versteht sich!!!

Manch eine Kammer hält auch akustische Überraschungen bereit, wie z. B. zum Thema Orientierungssystem der Meeressäuger und Lärmemission unter Wasser. In einer der letzten Kammern läuft eine Hörfilmschleife, in welcher man erfährt, wie der riesige Pottwal, der in der Mitte der Walausstellung zu bewundern ist, ins Multimar gelangt ist und wie er präpariert wurde.

Der Multimarwal ist sehr beeindruckend, man kann vor allem sein Gebiss gut ertasten. Auf einer Seite zeigt er seine künstliche Haut, auf der anderen sein nachempfundenes Skelett. Er ist 18 Meter lang und hat zu Lebzeiten um die 40 Tonnen gewogen. Allein der Kopf des Pottwals misst 5 Meter.
Diesem Giganten ist 1997 das flache Wattenmeer zum Verhängnis geworden, wo er mit 28 Jahren gestrandet war.

In der Walausstellung des Multimar konnten wir uns mit Hilfe des Hörstiftes und der Tastmodelle einen guten Überblick über die Riesen der Meere verschaffen, welche stark bedroht sind und unseren Schutz brauchen, um auch morgen noch durch die Meere unseres Planeten wandern zu können.

Besucheradresse:
Multima Wattforum, Am Robbenberg, 25832 Tönning
Internet: www.multimar-wattforum.de

Foto: Ein Bewohner eines Aquariums in einem braunen, wabbligen Schuppenkleid.
Foto: Ein Bewohner eines Aquariums in einem braunen, wabbligen Schuppenkleid.
Foto: Die auf einem Kunststoffetikett aufgebrachte Pyramidenschrift ist weiß auf blauem Grund, während die Punktschrift blau auf weißem Grund gestaltet ist.
Foto: Braile- und Pyramidenbeschriftung am Aquarium
Foto: Auf dem Tastplan der Walausstellung erkennt man die Themenkammern, welche in verschiedenen Farben dargestellt sind. Weiterhin sind die Braile- und Schwarzschriftbeschriftungen gut zu erkennen. Rechts unten sieht man einen Infopunkt, in den der Hörstift hineingeschoben wird.
Foto: Tastplan Walausstellung
Foto: Der Hörstift wird in einen roten, trichterförmigen erhabenen Kreis eingeführt. Im Hintergrund erkennt man eine Informationstafel, welche weiße Schrift auf blauem Grund enthält.
Foto: Hörstift im Infopunkt